VBZV-Newsletter 25/2025
- Mehr Unabhängigkeit der EU von US-Tech-Konzernen gefordert – Bundeskartellamt legt Jahresbericht 2024/25 vor
- Ausbau der PR-Stäbe von Städten und Gemeinden: "Die Pressefreiheit wird ausgehöhlt, demokratische Transparenz geht verloren"
- Europäische Medienorganisationen starten kostenfreie News-Plattform
- Neue Pressegesellschaft launcht KI-gestützten Artikel-Chat „Frag Mich“
- Burda bringt innovative KI-Plattform Aissist auf den Markt
- BMJV legt Gesetzentwurf zum elektronischen Widerrufsbutton vor
I. Medienpolitik
Mehr Unabhängigkeit der EU von US-Tech-Konzernen gefordert – Bundeskartellamt legt Jahresbericht 2024/25 vor
Bei der Präsentation des Jahresberichts 2024/2025 seiner Behörde hat der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, heute mehr Unabhängigkeit der EU von US-Tech-Konzernen gefordert. "Es gibt bereits politische Eingriffe in die digitale Infrastruktur in den USA. Das demonstriert, welche Macht auf der anderen Seite steht und wie abhängig wir von US-Unternehmen sind," mahnte der oberste Kartellwächter.
Forderungen, die Kontrolle von Firmenfusionen in der EU zu lockern, um heimischen Digitalunternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, erteilte Mundt eine Absage: "Um auf dem Weltmarkt gegen Konkurrenten wie Google oder Amazon bestehen zu können, müssen diese Unternehmen erstmal in Europa stark im Wettbewerb sein." Die Politik müsse mit niedrigen Energiepreisen und Bildung ein positives Umfeld schaffen, statt mit der Lockerung der Fusionskontrolle in den Markt einzugreifen. Er sei zwar ein großer Freund von Bürokratieabbau, betonte Mundt. Das Kartellrecht sollte aber nicht die erste Station sein.
„Deutschland verfügt über eine lebendige Start-Up-Kultur im Bereich von KI und Digitalwirtschaft. Diese jungen und innovativen Unternehmen bieten verschiedene Dienste an. Die großen, von § 19a GWB erfassten Digitalunternehmen stellen die hierfür benötigten Plattformen und Rechenleistung zur Verfügung. Mit dem Digital Markets Act (DMA) auf europäischer Ebene und dem § 19a GWB auf na-tionaler Ebene stellt das Wettbewerbsrecht sicher, dass diese Zukunftsmärkte weiterhin für neue Anbieter und Wettbewerber offengehalten werden. Von den hierdurch eröffneten Möglichkeiten haben wir im vergangenen Jahr auch Gebrauch gemacht und unsere vorläufige rechtliche Einschätzung zu Apples sog. App Tracking Transparency Framework (ATTF) und zu Amazons sog. Preiskontrollmechanismen abgegeben. Mit den Verfahrensabschlüssen bei Google Automotive Services und Google Maps Platform haben wir bereits spürbare Verbesserungen für den Wettbewerb erreichen können“, so Mundt.
Im September 2024 hat das Bundeskartellamt rechtskräftig festgestellt, dass auch Microsoft ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung ist (§ 19a GWB). Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof die Einschätzung des Bundeskartellamtes bestätigt und Amazon (April 2024) und Apple (März 2025) als Unternehmen mit marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb gem. § 19a GWB eingestuft.
Zugleich betonte Mundt, dass Wettbewerb der unverzichtbare Treiber unserer marktwirtschaftlichen Ordnung bleibe: “Ob Digitalwirtschaft, Benzinpreise oder Lebensmittel – eine nachhaltige und positive Entwicklung gelingt nur, wenn Unternehmen fair und transparent um die besten Lösungen konkurrieren. Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von Vielfalt, Qualität und fairen Preisen – das ist die Grundlage für eine starke und gerechte Wirtschaft.“
(Quelle: Bundeskartellamt, PM 09.07.2025; meedia.de, 09.07.2025)
Ausbau der PR-Stäbe von Städten und Gemeinden: "Die Pressefreiheit wird ausgehöhlt, demokratische Transparenz geht verloren"
Immer mehr Städte und Gemeinden bauen ihre Kommunikationsabteilungen aus - wie etwa die Stadt Bremerhaven, die kürzlich mit einem Social-Media-Post über ihre gestiegene Follower-Zahl eine Debatte über die Grenzen zwischen Journalismus und PR ausgelöst hat. Diese Praxis kritisiert Stefan Hilscher, BDZV-Vorstandsvorsitzender, im Interview mit den "Nürnberger Nachrichten" (NN).
So beobachte Hilscher, seit 2022 einer von drei BDZV-Vorstandsvorsitzenden und langjähriger Geschäftsführer der "Süddeutschen Zeitung", etwa in Augsburg eine Zunahme der PR-Aktivitäten der Stadt. "Es wird inzwischen auf allen möglichen Kanälen kommuniziert, mit eigenen Redaktionen, professionellen Kampagnen, Hochglanzmagazinen, Podcasts und Vi-deoformaten", so Hilscher. Und weiter: "Da wird oft der Eindruck erweckt, es handle sich um unabhängige Informationen." Dabei sei gerade das nicht der Fall, erinnert Hilscher im Interview mit den "Nürnberger Nachrichten". Denn eine kommunale PR würde gegenüber der eigenen Verwaltung sicherlich keine Kritik üben. "Wenn Verwaltungen sich als scheinbar neutrale Quellen inszenieren, untergräbt das die Glaubwürdigkeit unabhängiger Medien", so Hilscher weiter. Die Folge: "Die Pressefreiheit wird ausgehöhlt, demokratische Transparenz geht verloren."
Was der BDZV-Vorstandsvorsitzende an dieser Praxis noch kritisiert und warum er das Argument des Deutschen Städtetages, dass sich viele klassische Medien aus der Lokalberichterstattung zurückgezogen hätten, nicht gelten lässt, ist im ganzen Interview mit den "NN" hier zu lesen (Paid).
(Quelle: bdzv.de, 07.07.2025)
II. Aus den Verlagen
Europäische Medienorganisationen starten kostenfreie News-Plattform
Zum 1. Juli 2025 hat die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Medienhäusern ein neues Projekt gestartet: Unter chateurope.eu können Leser ab sofort auf ein kostenfreies Informationsangebot zu europäischen Themen zugreifen, das eine Newsplattform, einen integrierten Chat-bot und begleitende Social-Media-Kanäle auf Instagram und LinkedIn umfasst. Hinter dem neuen Angebot stehen Medienorganisationen wie die Deutsche Welle, die französische Nachrichtenagentur AFP, die italienische ANSA sowie Medienhäuser aus Polen, Rumänien und Spanien.
Das KI-basierte Angebot soll Menschen im Alltag dabei unterstützen, Entscheidungen zu treffen und zu verstehen, wie diese sich auf das Leben der Bürger auswirken. Damit stellt das neue Angebot eine Konkurrenz zu anderen Chatbots dar. Und nicht nur das: Zusammen mit dem Nachrichtenangebot (welches hier zudem kostenfrei ist) und Hintergrundwissen fokussiert das Angebot sich auf Features, die auch Verlage und Medienunternehmen fokussieren. Gerade eigene KI-Bots, die Antworten basierend auf den eigenen Inhalten liefern, wurden zuletzt in der Branche verstärkt fokussiert. Beispiele dafür finden sich beim neuen „Frag mich“-Feature der Neuen Pressegesellschaft (innerhalb der App) und bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die im Juni 2025 den sogenannten Rhein-Main-Assistenten speziell für Abonnenten einführte
Das Informationsangebot von Chateurope umfasst aktuelle Nachrichten, Videos, Dokumentarfilme, erklärende Formate und Artikel über die nationalen Auswirkungen der europäischen Politik. Doch es finden sich auch Themenbereiche wie Tourismus, Klimawandel, Forschung, Raumfahrt, Wirtschaft und Social Media.
Der Chatbot wurde von der rumänischen Firma DRUID AI entwickelt und arbeitet nach einem Sprachmodell des französischen KI-Unternehmens Mistral. Die Antworten des Bots basieren ausschließlich auf den Inhalten, die von den fünfzehn europäischen Newsplattformen geliefert werden. Dazu zählen neben der DPA beispielsweise die Agora Mediengruppe (Polen), El Pais (Spanien), die Deutsche Welle oder die RFI Romania (Rumänien)
Bisher steht das Angebot in sieben Sprachen bereit: Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Deutsch, Rumänisch und Polnisch.
(Quelle: chateurope.de; dnv.de, 03.07.2025)
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Neue Pressegesellschaft launcht KI-gestützten Artikel-Chat „Frag Mich“
Die Neue Pressegesellschaft (NPG, Ulm, u.a. „Südwest Presse“, „Märkische Oder-zeitung“) bietet in den Apps der NPG-Titel „Südwest Presse“, „Märkische Oderzeitung“ und „Lausitzer Rundschau“ das dialogbasierte Question-Answering-System „Frag Mich“ an.
„Frag Mich“ nutzt Künstliche Intelligenz, um auf Grundlage des vorliegenden Artikelspektrums der NPG - von lokalen und regionalen Meldungen bis hin zu Politik, Sport, Kultur und Service - Antworten auf (freiformulierte) Fragen zu liefern. Alle Antworten basieren auf redaktionell geprüften Inhalten, und greifen ggf. auch auf das Archiv zu. Quellen sind dabei eindeutig ausgewiesen und werden durch weiterführende Links zu Originalinhalten ergänzt.
Gleichzeitig bleibt die journalistische Integrität gewahrt, da sämtliche Antworten auf redaktionell validierten Inhalten basieren und archivierbare Wissensbestände systematisch erschlossen werden.
Damit werden sowohl die Reichweite als auch die Relevanz hochwertiger Berichterstattung für unterschiedliche Zielgruppen erhöht.
In den Apps der NPG-Titel können die Fragen per Chat-Eingabefeld gestellt werden. Die Redaktion generiert automatisiert Beispielfragen auf Basis beliebter Artikel, wie „Welches Urlaubsziel lohnt sich im Juli? “ oder „Welche neuen Restaurants haben in Tübingen eröffnet? “.
Das bestehende Digitalangebot erweitert die NPG damit um einen interaktiven Service. Grundlage ist die RAG-Technologie von Retresco.
(Quelle: kress.de, 07.07.2025)
Burda bringt innovative KI-Plattform Aissist auf den Markt
Der Burda Verlag bietet seine KI-Plattform Aissist als lizensierbare Softwarelösung für Unternehmen an. In einer Mitteilung wirbt das Medienhaus damit, dass die Plattform Produkte und Funktionen führender KI-Anbieter vereine. Die nahtlose Integration in bestehende Prozesse und Infrastrukturen, erlaube es, einen echten unternehmerischer Mehrwert durch den Einsatz von KI zu erzielen, das ganze bei einfacher Bedienbarkeit.
Die Plattform unterstützt bei zahlreichen Aufgaben im Arbeitsalltag und beschleunigt oder automatisiert ganze Geschäftsprozesse. Aissist integriert Dienste von Anbietern wie OpenAI, Anthropic, DeepL und Black Forest Labs etc., wodurch mehrere Funktionalitäten auf einer Plattform kombiniert werden können: Die Formulierung, Korrektur und Adaption von Texten, die Übersetzung ganzer Dokumente, die Transkription von Tonaufnahmen sowie die Generierung von Bildern mit verschiedenen Modellen mit anschließender Übergabe an Folgepro-zesse, u.a.
Mit Hilfe von KI-Agenten können ganze Geschäftsprozesse automatisiert abgewickelt werden.
(Quelle: burda.com, 07.07.2025)
III. Vertrieb
BMJV legt Gesetzentwurf zum elektronischen Widerrufsbutton vor
Bei im Internet geschlossenen Verträgen sollen Unternehmen verpflichtet werden, den elektronischen Widerruf per Schaltfläche (Button) zu ermöglichen. Diese und weitere Änderungen sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 09. Juli 2025 veröffentlicht hat.
Der Gesetzentwurf zur Änderung des Verbrauchervertrags- und des Versicherungsvertragsrechts setzt die Vorgaben der geänderten EU-Verbraucherrechterichtlinie um. Dies muss bis zum 19. Dezember 2025 geschehen.
Vorgesehen sind insbesondere folgende Änderungen:
1. Einführung einer elektronischen Widerrufbuttons
Unternehmen sollen verpflichtet werden, einen elektronischen Widerrufsbutton bereitzustellen. Dies soll in Bezug auf Waren, Dienstleistungen und Finanzdienst-leistungen gelten. Deutschland hat sich auf EU-Ebene erfolgreich dafür einge-setzt, dass eine solche elektronische Widerrufsmöglichkeit verpflichtend wird.
2. Angemessene Erläuterungen von Finanzdienstleistungen
Damit Verbraucherinnen und Verbraucher eine Finanzdienstleistung und die Fol-gen, die sich aus dem Vertrag ergeben können, besser verstehen, sollen Unter-nehmen ihnen künftig solche Verträge angemessen erläutern müssen. Damit soll sichergestellt werden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher eine informierte Vertragsabschlussentscheidung treffen. Bei Online-Tools sollen Verbraucherin-nen und Verbraucher zusätzlich eine direkte persönliche Kontaktaufnahme ver-langen können.
3. Einschränkung des „ewigen Widerrufsrechts“
Künftig soll ein Vertrag über Finanzdienstleistungen höchstens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss widerrufen werden können – vorausgesetzt, die Verbraucherin oder der Verbraucher wurde über das Widerrufsrecht belehrt. Bei Lebensversicherungen soll eine Ausschlussfrist von 24 Monaten und 30 Ta-gen gelten. Bislang ist es möglich, dass entsprechende Verträge – trotz erfolgter Belehrung – ohne Befristung widerrufen werden können. Nach geltendem Recht führen nämlich auch nebensächliche Verstöße gegen gesetzlich vorgeschriebene Informationspflichten dazu, dass die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen beginnt. Man spricht insoweit von einem „ewigen Widerrufs-recht“. Dies führt häufig zu unbilligen Ergebnissen, wenn ein Belehrungsfehler völlig nebensächlich war.
4. Kein Anspruch auf Vertragsbedingungen in Papierform mehr
Unternehmer sollen die Vertragsbedingungen künftig nicht mehr in Papierform übermitteln müssen. Bislang müssen sie dies auf Verlangen tun. Mit der Ände-rung soll der zunehmenden Digitalisierung Rechnung getragen und sollen Unter-nehmen entlastet werden.
Nach der Veröffentlichung des Entwurfs haben nun Länder und Verbände sowie die interessierten Kreise Gelegenheit, bis zum 1. August 2025 Stellung zu neh-men.
Den Referentenentwurf finden Sie hier https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2025_GAendVVVR.html
(Quelle: BMJV, PM 09.07.2025)