VBZV-Newsletter 19/2025
- 10.000 Stimmen für kreativen Schutz im digitalen Europa
- Verbraucherzentrale NRW beantragt einstweilige Verfügung gegen Meta
- 'Projekt Zuversicht' von Medien, Verbänden und Werbewirtschaft: Neue Studienergebnisse liegen vor
- KI-gesteuerter Überblick über Nutzerkommentare beim BR
I. Medienpolitik
10.000 Stimmen für kreativen Schutz im digitalen Europa
Die europäische Initiative Creators for Europe United hat innerhalb weniger Tage über 10.000 Unterschriften für ihren offenen Brief gesammelt – ein deutliches Signal an die Politik in Brüssel. Gefordert werden bessere gesetzliche Regelungen zum Schutz kreativer Werke im Umgang mit KI und digitalen Plattformen.
Kreative aus Literatur, Musik, Film, Journalismus, Architektur, Theater und Design schließen sich unter dem Dach der Initiative zusammen. Ihr Ziel: geistiges Eigen-tum schützen, faire Vergütung sichern und Transparenz schaffen.
„Unsere Ideen, Stimmen, Bilder, Songs und Geschichten sind das Herz Europas. Ohne unsere Kreativität wären KI-Systeme leer und bedeutungslos“, heißt es von Seiten der Initiative. „10.000 Stimmen – das ist ein kraftvoller Chor für die Zu-kunft der Kreativität!“
Die Petition hier eingesehen werden https://creators-for-europe-united.eu/de/
(Quelle: bdzv.de, 12.05.2025)
Verbraucherzentrale NRW beantragt einstweilige Verfügung gegen Meta
Mitte April hat Meta Platforms Ireland Limited (kurz: Meta) angekündigt, ab dem 27. Mai 2025 in seinen Diensten Facebook und Instagram veröffentlichte Beiträge europäischer Nutzerinnen und Nutzer für KI-Trainingszwecke zu verwenden. Meta stützt sich dabei auf ein „berechtigtes Interesse" und verwendet die Daten, sofern die Kunden nicht aktiv widersprechen.
Die Verbraucherzentrale NRW hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens und verschärft ihren Kurs gegen Meta: Nachdem Meta auch nach einer Abmah-nung nicht bereit war von den Plänen abzurücken, folgt nun der Gang vor das Oberlandesgericht Köln.
„Mit dem Antrag auf einstweilige Verfügung wollen wir verhindern, dass Meta Fakten schafft, bevor die Rechtslage geklärt ist“, erklärt Christine Steffen, Juristin und Datenschutzexpertin der Verbraucherzentrale NRW. „Sind die Daten erst ein-mal für KI verwendet worden, ist ein Rückruf kaum noch möglich - deshalb ist jetzt schnelles Handeln gefragt.“
„Unser Ziel ist es nicht, die Entwicklung künstlicher Intelligenz zu verhindern, sondern sicherzustellen, dass sie auf einer rechtsstaatlichen und fairen Grundla-ge erfolgt. Meta scheint seine kommerziellen Interessen über die Rechte der Be-troffenen zu stellen. Doch Innovation braucht das Vertrauen der Gesellschaft, und das entsteht nur, wenn die Grundrechte gewahrt bleiben“, betont die Exper-tin. Dem juristischen Vorgehen der Verbraucherzentrale NRW hielt Meta öffentlich entgegen, dass auch andere Unternehmen so handeln würden. „Rechtmäßigkeit ergibt sich aber nicht aus der bloßen Gewohnheit von Branchenriesen wie Meta“, so Steffen weiter. „Wenn sich das Recht am Marktverhalten orientiert, verliert der Gesetzgeber seine ordnende Funktion. Verbraucher:innen sollten die Kontrolle über ihre persönlichen Daten behalten.“
Im Zentrum der Kritik steht nach wie vor die Berufung von Meta auf ein „berech-tigtes Interesse“. Nach Auffassung der Verbraucherschützer ist diese Begründung nicht tragfähig. „Die von Meta geplante Datenverarbeitung verstößt aus unserer Sicht gegen grundlegende Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung und des Digital Markets Act“, erklärt Steffen. Besonders problematisch: Es sei nicht aus-zuschließen, dass auch sensible personenbezogene Daten - etwa zur politischen Meinung, Gesundheit oder Sexualität - sowie Daten von Minderjährigen in das KI-Training einfließen.
(Quelle: Verbraucherzentrale NRW, PM 13.05.2025)
'Projekt Zuversicht' von Medien, Verbänden und Werbewirtschaft: Neue Studienergebnisse liegen vor
#UseTheNews, Initiative 18 und die Markforschungsagentur rheingold salon haben gemeinsam eine tiefenpsychologische Studie zu den Befindlichkeiten der Menschen in Deutschland vorgestellt. Danach ist die aktuelle Lage geprägt von einem tiefen Vertrauensverlust in viele Institutionen der Gesellschaft - allen voran Politik und Medien. Es fehlt an positiven Gemeinschaftserfahrungen und dies führt zu einem Verlust an erlebter Selbstwirksamkeit und Zuversicht, so die Studienmacher.
Von Medien wird mehr Transparenz und weniger Panikmache gefordert. Zwei Drittel geben an, tendenziell zuversichtlicher zu sein, wenn die Medien nicht immer alles so negativ berichten würden. Die Medien sind den Menschen dabei durchaus wichtig: 84 Prozent geben an, dass Demokratie ohne unabhängige Medien nicht funktionieren würde.
Konkrete Ableitungen aus der Studie teilen die Initiatoren mit relevanten Stake-holdern, beispielsweise die Empfehlung an die Medien, stärker einen "zuhörenden", konstruktiven und lokal unterstützenden Journalismus zu realisieren, um vor Ort Menschen wieder wirksamer werden zu lassen. Aus den Kernergebnissen der Studie ergeht auch ein konkreter Arbeitsauftrag. Die Idee: Nachwuchskräfte und engagierte Vertreter und Vertreterinnen aus der Kreativwirtschaft, aus dem Bereich des Journalismus und der Politik erhalten die Aufgabe, in Formaten wie Hackathons oder Barcamps Konzepte zu entwickeln, die es schaffen, das von den Menschen herbeigesehnte Gemeinschafts- und Wirksamkeitsgefühl wieder entstehen zu lassen. Alle drei Arbeitsgruppen starten in einem einheitlichen Auftragsdesign. Die ausgearbeiteten Ideen fließen anschließend in eine Art Meta-Camp, in dem diese drei Gruppen zusammenkommen und diskutieren, wie die entwickelten Ansätze verzahnt werden können.
Ermöglicht wurde die Studie durch namhafte Verbände (GWA, Die Media-Agenturen, OWM, Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband), werbetreibende Unternehmen (Dr. Oetker, REWE) sowie Medienhäuser & Vermarkter (ARD MEDIA, Funke Medien Gruppe, Hubert Burda Media, Prisma Verlag, ProSieben-Sat.1 Media, RMS Radio Marketing Service, RTL Deutschland und Weischer Media).
Die drei Initiatoren sehen in der Studie zugleich den Auftakt für ein "Projekt Zuversicht", mit dem Medien, Wirtschaft und Politik die Menschen wieder für Aufbruch, Optimismus und gesellschaftlichen Zusammenhalt gewinnen. Erste Projekte in den drei Bereichen sind bereits angestoßen.
Jens Lönneker, Gründer und Geschäftsführer rheingold salon: "Die Studie ist die bislang wichtigste in meiner beruflichen Karriere und ein Herzensprojekt, da sie die Grundlagen unseres Zusammenlebens betrifft. Mit der Präsentation der Er-gebnisse geht eine konkrete Aufgabenstellung einher, das macht dieses Projekt so besonders. Es ist unser erklärtes Ziel, etwas in Bewegung zu setzen - und das auf den drei verschiedenen Ebenen, die diese Studie anspricht: Medien, Werbung und Politik."
Meinolf Ellers, Geschäftsführer #UseTheNews: "Anders als ihre Eltern und Großeltern können Jugendliche und junge Erwachsene heute nicht mehr auf die Zukunfts- und Wohlstandsversprechen vertrauen, die in der deutschen Nachkriegsgeschichte nach 1949 wie eine Selbstverständlichkeit wahrgenommen wurden. Damit daraus nicht lähmende Frustration, Passivität und Demokratie-Verdrossenheit werden, brauchen wir für die unter 30jährigen genau jene neuen Formen der gesellschaftlichen Beteiligung und des Gehört-Werdens, die in der Studie angemahnt werden."
Manfred Kluge, Co-Founder & Vorsitzender Initiative 18: "Wir erleben eine massive Vertrauens- und Zuversichtskrise in unserem Land, die auch von Social Media befeuert wird. Dem wollen wir mit klaren und wirksamen Ansätzen für Medien, Politik und Unternehmen etwas entgegensetzen. Schluss mit der Schwarzmalerei, wir alle können einen Beitrag für eine bessere Zukunft leisten. In diesem Projekt und als Initiative 18 ist uns insbesondere der lokale Journalismus sehr wichtig. Als Korrektiv gegen Desinformation und als Seismograph, was die Menschen vor Ort umtreibt. Zuhörender und konstruktiver Journalismus - dies steigert die Selbst-wirksamkeit der Gesellschaft."
Die tiefenpsychologische Untersuchung basiert auf 87 Tiefeninterviews, die die Marktforschungsagentur rheingold salon durchgeführt hat, 40 davon mit Medienkonsument:innen, 15 mit Jugendlichen aus Ost- und Westdeutschland. Auf Basis der Erkenntnisse aus diesen tiefenpsychologischen Interviews wurden in Kooperation mit dem Marktforschungsunternehmen Ominiquest im zweiten Schritt repräsentativ in einer Online-Befragung 1000 Menschen jeweils in Ost- und West-deutschland befragt. Zudem wurden vom rheingold salon 20 Journalistinnen aus Ost und West und 12 Experten und Expertinnen aus Politik und Wirtschaft interviewt. Das Team der Forschenden rekrutiert sich aus Ost- und Westdeutschland und unterschiedlichen Altersgruppen. Ziel war es, möglichst viele Perspektiven zu integrieren.
Der Lönneker & Imdahl rheingold salon betreibt seit mehr als 30 Jahren Markt- und Medienforschung auf Basis von kultur- und tiefenpsychologischen Analysen.
#UseTheNews ist eine Initiative der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Kooperation mit der Behörde für Kultur und Medien Hamburg. Das bundesweite Projekt geht der Nachrichtennutzung und -kompetenz junger Menschen auf den Grund und entwickelt neue Informations- und Bildungsangebote. Gemeinsam mit zahlreichen Partnern aus Medien, Bildung und Forschung werden Antworten auf die Frage gesucht, wie sich junge Menschen informieren und wie sie besser mit jour-nalistischen Nachrichten zu erreichen sind.
Die Initiative 18 setzt sich für eine vielfältige, freie und nachhaltige Medienland-schaft ein. Ihre Mission: Der Schutz und die Stärkung der Pressefreiheit, die Förderung der Medienvielfalt, eine verantwortungsvolle Allokation von Werbebudgets und die Bekämpfung von Desinformation.
(Quelle: presseportal.de, 13.05.2025)
KI-gesteuerter Überblick über Nutzerkommentare beim BR
Der Bayerische Rundfunk (BR) hat mit dem „KI-Kommentar-Überblick“ bei BR24 ein neues Werkzeug zur Auswertung und Darstellung von Nutzerkommentaren eingeführt. Angesichts der wachsenden Bedeutung des digitalen Austauschs und der Vielzahl an Kommentaren unter Beiträgen stelle dieses KI-gestützte Tool einen entscheidenden Fortschritt für die journalistische Arbeit und die Diskurskultur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dar, heißt es auf der Plattform medium.com.
Das Tool wurde von BR24 NewsLab in Zusammenarbeit mit dem AI + Automation Lab. Ein interdisziplinäres Team aus KI-Expertinnen und -Experten, Entwicklerinnen und Entwicklern, Designerinnen und Designern sowie Redakteurinnen und Redakteuren entwickelte innerhalb von vier Monaten den Prototypen, der nun als öffentliche Beta-Version getestet wird.
Der KI-Kommentar-Überblick funktioniert nach einem mehrstufigen Verfahren: Sobald unter einem BR24-Beitrag mindestens 50 freigegebene Kommentare vor-liegen, analysiert das System die Diskussion. Kurze Kommentare (unter 30 Zeichen) und Beiträge von Redaktionsmitgliedern werden dabei ausgeschlossen. Um Ressourcen zu schonen, aktualisiert die KI die Zusammenfassung nur, wenn innerhalb von 15 Minuten mindestens zehn neue Kommentare eingehen. Technisch setzt das Tool auf semantische Embeddings, um die inhaltliche Bedeutung jedes Kommentars mathematisch abzubilden. Antwortkommentare werden dabei kontextualisiert, um den Diskussionsverlauf korrekt zu erfassen. Anschlie-ßend gruppiert ein Clustering-Algorithmus (BERTopic, basierend auf UMAP und HDBSCAN) thematisch verwandte Kommentare in maximal vier Schwerpunkte. Für jeden dieser Schwerpunkte erstellt ein Sprachmodell (ChatGPT-4o) eine Über-schrift und eine prägnante Zusammenfassung. Die Ergebnisse werden den Nutze-rinnen und Nutzern übersichtlich präsentiert; zu jedem Thema sind zudem reprä-sentative Beispielkommentare abrufbar.
Die Auswahl dieser Beispielkommentare basiert auf der semantischen Ähnlichkeit zum jeweiligen Cluster, was sich als ressourcenschonend und qualitativ überzeu-gend erwies. Alternative Ansätze, etwa die Bewertung durch das Sprachmodell, wurden ebenfalls getestet, erwiesen sich aber als zu rechenintensiv für den Live-Betrieb. Die KI bleibt in der Darstellung bewusst sachlich, um die oft emotionale Dynamik von Online-Diskussionen strukturiert und verständlich abzubilden.
Langfristig soll der KI-Kommentar-Überblick nicht nur den Leserinnen und Lesern Orientierung bieten, sondern auch den Redaktionen und dem Community Management helfen, Trends und Themen frühzeitig zu erkennen und die journalistische Arbeit stärker an den Interessen des Publikums auszurichten.
(Quelle: medium.com/br-next/wenn-ki-zeigt-was-in-kommentaren-steckt-5c288685bbbb)